«Ein selbstbestimmtes Leben zu führen, muss auch in Lebenssituationen möglich sein, in denen Men- schen auf Unterstützung in verschiedenen Formen angewiesen sind. Typischerweise ist dies bei Alter und Behinderung, aber auch bei Unfall und Krankheit der Fall. Die Unterstützungen sind vielfältig, aber selten koordiniert. Die demografischen Anforderungen sind mit der zunehmenden und älter werdenden Bevölkerung anspruchsvoll.
Nicht nur selbstbestimmte Lebensführung, sondern auch steigende Gesundheitskosten prägen daher die planerische Stossrichtung «ambulant vor stationär». Dieser Grundsatz ist in der Versorgung der Spitäler strategisch angelegt, nicht aber im spitalexternen Bereich sowie im Bereich der Pflege, Be- treuung und Assistenz. Es fehlt eine grundsätzliche Strategie, zusammenhängende Angebote und Leistungen zu planen und einzurichten, die den Eintritt oder den Verbleib in einer Institution der Alters- oder Behindertenhilfe im Sinne der Selbstbestimmung verhindern oder zumindest verzögern. Es braucht eine Strategie in der «integrierten Versorgung», die insbesondere Pflege, Betreuung und Assistenz einbezieht, wenn der Grundsatz «ambulant vor stationär» nicht eine Absichtserklärung blei- ben soll. Diese sollte folgende Punkte beinhalten:
- Eine integrierte Versorgung regelt ausgehend von der übergeordneten Zielsetzung «ambulant vor stationär» die einzelnen spitalexternen Leistungen der Pflege, Betreuung und Assistenz sowie deren Schnittstellen.
- Bedarfs- und fachgerechte spitalexterne Leistungen sind sowohl in der stationären wie in der ambulanten Versorgung sichergestellt und erfolgen mittels Fach- Betreuungs- oder Assistenzleistungen.
- Der Kanton stellt Angebote der Angehörigenentlastung und bei Not- und Überbrückungssituationen (inkl. die Anzeige prekärer oder sich schnell verändernder Umstände) sicher.
- Der Kanton fördert den Ressourcenerhalt, die Selbständigkeit und die Beziehungspflege der Leistungsbeziehenden.
- Die neue Gesetzesgrundlage ermöglicht die Umsetzung weiterer Leistungen in der Pflege, Betreuung und Assistenz von zu Hause lebenden Personen.
Die Leistungen des Kantons bleiben subsidiär zu Leistungen der Sozialversicherungen des Bundes (AHV, IV, KVG, UVG, BVG etc.).
Mit einer gesetzlichen Grundlage der «integrierten Versorgung» ermöglicht der Kanton eine zeitge- mässe, bedarfsgerechte Versorgung und selbstbestimmtes Verbleiben zu Hause bzw. die Rückkehr nach Hause. Die Unterzeichnenden beauftragen den Regierungsrat, eine entsprechende Gesetzesvorlage für die integrierte Versorgung auszuarbeiten, sei es mit einer Revision des Gesundheitsgesetzes (GesG) oder mit einem neuen Gesetz, das insbesondere Leistungen der Pflege, Betreuung und Assistenz zuhause als Teil der kantonalen Versorgungsstrategie regelt.
Georg Mattmüller, Christine Keller, Christian C. Moesch, Pasqualine Gallacchi, Oliver Bolliger, Raoul I. Furlano, Melanie Nussbaumer, Tobias Christ, Thomas Widmer-Huber, Patrick Fischer, Melanie Eberhard»
Zur rechtlichen Zulässigkeit der Motion
1.1 Grundlagen des Motionsrechts
Mit einer Motion kann der Grosse Rat den Regierungsrat verpflichten, eine Verfassungs- oder Gesetzesvorlage oder eine Vorlage für einen Grossratsbeschluss vorzulegen (§ 42 Abs. 1 GO) oder eine Massnahme zu ergreifen (§ 42 Abs. 1bis GO). Der Grosse Rat kann dem Regierungsrat also sowohl in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich als auch im Zuständigkeitsbereich des Regierungsrats Aufträge erteilen. Das Recht setzt dem Grossen Rat bezüglich Motionsbegehren allerdings auch Schranken, die in der Gewaltenteilung, im Gesetzmässigkeits-, im Föderalismus- und im Demokratieprinzip gründen. So darf eine Motion nicht gegen höherrangiges Recht verstossen (wie Bundesrecht, interkantonales Recht oder kantonales Verfassungsrecht). Zudem ist gemäss § 42 Abs. 2 GO eine Motion unzulässig, die einwirken will auf
- den verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsbereich des Regierungsrats,
- einen Einzelfallentscheid,
- einen in gesetzlich geordnetem Verfahren zu treffenden Entscheid oder
- einen Beschwerdeentscheid.
1.2 Motionsforderung
Die Motionärinnen und Motionäre fordern eine Strategie der «integrierten Versorgung», die
insbesondere Pflege, Betreuung und Assistenz einbezieht. «Diese sollte folgende Punkte
beinhalten:
- Eine integrierte Versorgung regelt ausgehend von der übergeordneten Zielsetzung «ambulant vor stationär» die einzelnen spitalexternen Leistungen der Pflege, Betreuung und Assistenz sowie deren Schnittstellen.
- Bedarfs- und fachgerechte spitalexterne Leistungen sind sowohl in der stationären wie in der ambulanten Versorgung sichergestellt und erfolgen mittels Fach- Betreuungs- oder Assistenzleistungen.
- Der Kanton stellt Angebote der Angehörigenentlastung und bei Not- und
Überbrückungssituationen (inkl. die Anzeige prekärer oder sich schnell verändernder Umstände) sicher. - Der Kanton fördert den Ressourcenerhalt, die Selbständigkeit und die Beziehungspflege der Leistungsbeziehenden
- Die neue Gesetzesgrundlage ermöglicht die Umsetzung weiterer Leistungen in der Pflege, Betreuung und Assistenz von zu Hause lebenden Personen.»
Mit der vorliegenden Motion wird der Regierungsrat beauftragt, «eine entsprechende Gesetzesvorlage für die integrierte Versorgung auszuarbeiten, sei es mit einer Revision des Gesundheitsgesetzes (GesG) oder mit einem neuen Gesetz, das insbesondere Leistungen der Pflege, Betreuung und Assistenz zuhause als Teil der kantonalen Versorgungsstrategie regelt»
1.3 / 1.4 Rechtliche Prüfung und Zulässigkeit
2. Inhaltliche Stellungahme des Regierungsrates zur Motion
2.1 Allgemeines zur vorliegenden Motion
Die Motion reiht sich ein in eine Anzahl von politischen Vorstössen auf nationaler wie auch auf kantonaler Ebene zur gleichen bzw. ähnlichen Thematik. Die meisten davon wurden mittlerweile beantwortet bzw. behandelt, weshalb verschiedene Inhalte der vorliegenden Motion bereits adressiert worden sind. Um Redundanzen, wo sinnvoll, zu vermeiden, wird deshalb auch auf diese Geschäfte verwiesen.
Kantonale Ebene:
Auf kantonaler Ebene beschäftigen sich folgende politische Vorstösse mit der Thematik:
- Anzug (vormals Motion) Sarah Wyss und Georg Mattmüller betreffend «Gesetzliche Verankerung der Betreuung» (GNr. 21.5028): Mit Beschluss Nr. 21/51/29G vom 16. Dezember 2021 dem Regierungsrat als Anzug überwiesen, mit Schreiben des Regierungsrates Nr. 21.5028.03 Stehenlassen beantragt;
- Anzug (vormals Motion) Michelle Lachenmeier und Konsorten betreffend «Agogik im Alter: Stationäre Leistungen für behinderte Personen im AHV-Alter» (GNr. 19.5474): Mit Beschluss Nr. 20/24/47G vom 10. Juni 2020 dem Regierungsrat als Anzug überwiesen, mit Beschluss Nr. 22/22/25G vom 1. Juni 2022 stehen gelassen und dem Regierungsrat zur erneuten Berichterstattung bis 1. Juni 2024 überwiesen;
- Anzug Jessica Brandenburger und Konsorten betreffend «Unterstützungsbeiträge für Senior:innen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen» (GNr. 22.5421): Mit Beschluss Nr. 22/46/45.9G vom 16. November 2022 dem Regierungsrat zum Bericht bis 16. November 2024 überwiesen;
- Schriftliche Anfrage Christine Keller betreffend «Beiträge für betreuende Angehörige»;(GNr. 23.5351): Vom Regierungsrat mit Schreiben Nr. 23.5351.02 vom 6. September 2023 beantwortet;
- Interpellation Nr. 91 Oliver Bolliger betreffend «Förderung der Betreuung im Alter im KantonBasel-Stadt» (GNr. 23.5357): Mit Schreiben des Regierungsrates Nr. 23.5357.02 vom 27. September 2023 beantwortet;
- Schreiben des Regierungsrates vom 10. November 2021 betreffend «Ratschlag betreffend Massnahmenprogramm zur Förderung der integrierten Versorgung im Kanton Basel-Stadt 2022–2025 sowie Zwischenbericht zur Finanzierung der Modellprojekte für die aufsuchenden Angebote (Home Treatment High Utilizer und Home Treatment bei Übergangsbehandlung nach stationärer Behandlung) der Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) für die Jahre 2018, 2019 und 2020 in Form einer Finanzhilfe» (GNr. 21.0414 und 18.0408): Dies Vorlage setzte sich ebenfalls intensiv mit der Thematik der integrierten Versorgung, der spitalex-
ternen Leistungen sowie der Pflege und Betreuung von Patientinnen und Patienten auseinandersetzt. Der Grosse Rat hat der Vorlage mit den Beschlüssen Nr. 22/17/06.1G und 22/17/06.2G vom 27. April 2022 zugestimmt.
Nationale Ebene:
Auch auf nationaler Ebene sind mehrere Vorstösse hängig, die sich mit der Thematik auseinandersetzen. Es sind dies insbesondere:
- Motion 18.3716 «Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen»: Eingereicht am 31. August 2018 von der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N), am 6. März 2019 im Nationalrat bzw. am 12. Dezember 2019 im Ständerat angenommen und an den Bundesrat überwiesen. Mit der Motion soll der Bundesrat beauftragt werden, eine Gesetzesänderung vorzulegen, welche die Finanzierung von betreutem Wohnen über die Ergänzungsleistungen (EL) zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherungen (AHV) si-cherstellt, sodass Heimeintritte für betagte Menschen verzögert oder vermieden werden kön-
nen. In Erfüllung der Motion hat der Bundesrat eine Änderung des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherungen vom 6. Oktober 2006 (ELG, SR 831.30) hinsichtlich der Anerkennung des betreuten Wohnens für Beziehende von EL zur AHV (im Kanton Basel-Stadt als so genanntes Wohnen mit Serviceangebot bekannt) ausgearbeitet. Am 21. Juni 2023 wurde die Vernehmlassung zur Gesetzesänderung
eröffnet.1 Der Regierungsrat hat sich im Rahmen der Vernehmlassung dazu geäussert. 2 Die Vernehmlassungsfrist endete am 23. Oktober 2023. Bis wann mit der entsprechenden Botschaft zur ELG-Revision ans Parlament gerechnet werden kann, ist derzeit noch nicht bekannt. - Motion 23.3366 «Nationale Strategie für Betreuung und Wohnen im Alter und bei Behinde- rung»: Eingereicht im Nationalrat von Christine Bulliard-Marbach. Mit der Motion wird der Bun- desrat beauftragt, gemeinsam mit den Kantonen und den Akteuren der Zivilgesellschaft (sub- ventionierte Organisationen) eine nationale Strategie für Betreuung und Wohnen im Alter und bei Behinderung auszuarbeiten. Dabei soll er sowohl die sozialpolitische Dimension als auch den Gesundheitsaspekt berücksichtigen. Der Bundesrat beantragte am 24. Mai 2023 die Ab- lehnung der beiden Motion. Das Geschäft wurde im Rat noch nicht behandelt.
2.1.2 Zu «ambulant vor stationär» in der spitalexternen Versorgung
Die Motionärinnen und Motionäre führen aus, dass der Grundsatz «ambulant vor stationär» im Kanton Basel-Stadt nur in den Spitälern strategisch angelegt sei. Diese Annahme ist jedoch aus den folgenden Gründen nicht zutreffend:
Erstens kann die Maxime «ambulant vor stationär» wie der Grundsatz sagt nur im Zusammenspiel von ambulanter und stationärer Leistungserbringung zur Anwendung gelangen, da es eben genau um eine Verlagerung von stationären Leistungen in den ambulanten Bereich geht und die Maxime somit gerade auch im ambulanten Bereich ihren Niederschlag findet.
Zweitens wird «ambulant vor stationär» im Kanton Basel-Stadt bei Weitem nicht nur nach der auf die Spitäler zugeschnitten gesetzlichen Regelung («AVOS») gelebt, sondern ist integraler Bestand- teil sämtlicher Politikmassnahmen, insbesondere in der baselstädtischen Langzeitpflege (siehe nächster Abschnitt). Es wird in den obgenannten politischen Vorstössen ausführlich und transpa- rent dargelegt, wie die Strategie «ambulant vor stationär» im Kanton Basel-Stadt eben nicht nur in der Theorie bzw. nicht nur auf dem Papier existiert, sondern aktiv über alle Leistungserbringer hin- weg gelebt wird: im ambulanten, im intermediären und im stationären Sektor, und dies sowohl im Akut- als auch im Langzeitpflegebereich. Dies zeigt sich beispielhaft in den Leistungsentwicklungen des Spitex- und Pflegeheimbereichs, wie in Abbildung 1 dargestellt.
Drittens wurde erst kürzlich vom Schweizerischen Gesundheitsobservatorium (Obsan) bestätigt, dass der Kanton Basel-Stadt von allen Deutschschweizer Kantonen das Prinzip «ambulant vor stationär» in der Pflege am stärksten umgesetzt hat (siehe Abbildung 2).3 Hinsichtlich der Ausschöpfung des Ambulantisierungspotenzials erfolgreicher als der Kanton Basel-Stadt werden nur einige nicht-deutschsprachige Kantone eingestuft. Dies liegt primär daran, dass die ambulante Versorgung in der französischsprachigen Schweiz historisch schon stets stärker verankert war als in der Deutschschweiz. Der Kanton Basel-Stadt ist zusammen mit den zweisprachigen Kantonen (VS, FR, BE) in der zweitobersten Gruppe («Zunehmend ambulant-orientierte Kantonsgruppe») eingeteilt.
Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt Seite 6/12 Drittens wurde erst kürzlich vom Schweizerischen Gesundheitsobservatorium (Obsan) bestätigt, dass der Kanton Basel-Stadt von allen Deutschschweizer Kantonen das Prinzip «ambulant vor stationär» in der Pflege am stärksten umgesetzt hat (siehe Abbildung 2).3 Hinsichtlich der Aus- schöpfung des Ambulantisierungspotenzials erfolgreicher als der Kanton Basel-Stadt werden nur einige nicht-deutschsprachige Kantone eingestuft. Dies liegt primär daran, dass die ambulante Ver- sorgung in der französischsprachigen Schweiz historisch schon stets stärker verankert war als in der Deutschschweiz. Der Kanton Basel-Stadt ist zusammen mit den zweisprachigen Kantonen (VS, FR, BE) in der zweitobersten Gruppe («Zunehmend ambulant-orientierte Kantonsgruppe») einge- teilt. Abbildung 2: «ambulant vor stationär» in der Pflege nach Kanton Quelle: Obsan Bericht 03/2022, S. 28
Ebenso ist der Kanton Basel-Stadt nach aktuellem Kenntnisstand der einzige Kanton der Schweiz, der – im Rahmen des vom Grossen Rat genehmigten Pilotprojekts für die Übergangspflege im Adullam Pflegezentrum Basel – temporäre Pflegeheimaufenthalte in Akutsituationen nach gesund- heitlichen Krisen oder nach einem Unfall oder einer Operation ermöglicht. Dies erfolgt in einer ein- zigartigen interdisziplinären und integrierten Zusammenarbeit der verschiedenen involvierten Leis- tungserbringer (Pflege, ärztliche Versorgung, Physio- und Ergotherapie, Sozialberatung). Nach Abschluss des Pilotprojekts (Ende 2024) wird eine Evaluation der Massnahmen erfolgen. Ebenso zu erwähnen sind die spezialisierten Spitex-Angebote wie die Onko- und Palliativ-Spitex, Kinder-Spitex oder Spitexpress (24-Stunden-Notfalldienst). Auch sie sind eine wichtige Stütze der ambulanten und integrierten Versorgung der Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons BaRegierungsrat des Kantons Basel-Stadt Seite 7/12 sel-Stadt. Ausserdem gibt es im Kanton Basel-Stadt Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen, welche im Speziellen für pflegende Angehörige eine sehr wichtige Leistung erbringen und ihnen damit regelmässig Entlastung ermöglichen. Des Weiteren unterstützt der Kanton Basel-Stadt – im Gegensatz zu vielen anderen Kantonen – hauswirtschaftliche Spitex-Leistungen und Angebote des betreuten Wohnens («Wohnen mit Serviceangebot») für einkommensschwache Menschen (EL-Beziehende), was ebenfalls entscheidend dazu beiträgt, Spital- und Heimeintritte zu verhindern oder zu verzögern.
Unter anderem durch die Pflegeberatung des Gesundheitsdepartements, aber auch durch die Be- ratungen privater Anbieter, die vom Kanton gefördert werden (z.B. Pro Senectute, GGG, Demenz- beratung von Alzheimer beider Basel), unternimmt der Kanton Basel-Stadt sehr viel, damit Perso- nen, die Pflege- oder Betreuungsleistungen benötigen, die angemessenen und für ihre Situation adäquaten Informationen und Leistungen erhalten. Das Schnittstellenmanagement wird unter an- derem durch diese Beratungen optimiert, da sie einerseits niederschwellig und nahe bei den Ein- wohnerinnen und Einwohnern, aber dennoch fachlich geschult und vernetzt sind.
Angesichts dieser zahlreichen und verschiedenen Leistungen und der im Obsan Bericht 03/2022 aufgezeigten erfolgreichen Umsetzung der Strategie «ambulant vor stationär» im Kanton Ba- sel-Stadt ist somit festzuhalten, dass diese im Kanton Basel-Stadt, entgegen der Auffassung der Motionärinnen und Motionäre, nicht nur eine Absichtserklärung ist, sondern wo immer sinnvoll und zielführend in allen Bereichen und auf allen Ebenen bereits gelebt wird.
2.1.3 Übergeordnete Grundlagen des Kantons zur Thematik der Motion
Die Motionärinnen und Motionäre halten in ihrem Vorstoss fest, dass eine Strategie zur Planung
und Einrichtung zusammenhängender Angebote und Leistungen, die insbesondere von Pflege,
Betreuung und Assistenz einbezieht, fehlt. Dem ist aus Sicht des Regierungsrates zu widerspre-
chen. Bereits heute existieren verschiedene Steuerungsinstrumente bzw. übergeordnete Leitlinien,
die sich mit der angesprochenen Thematik auseinandersetzen.
- Die Vision «Gut und gemeinsam älter werden im Kanton Basel-Stadt»4 dient als Leitstern für die Basler Alterspolitik der nächsten Jahre. Sie ergänzt die Leitlinien «Basel 55+» und «Alters- pflegepolitik» und soll mit Projekten und Ideen die Lücken füllen, die es in der Basler Angebots- landschaft im Altersbereich noch gibt. Dafür sorgen soll u.a. die seit Herbst 2020 bestehende Interdepartementale Koordinationsgruppe Alter (IKA), in welcher alle Departemente und Ge- meinden vertreten sind.
- Die im Januar 2021 von der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) verabschiedete Vision für das selbstbestimmte Wohnen von betagten Menschen und Menschen mit Behinderungen5, die auch der Regierungsrat verfolgt, strebt an, dass die Betroffenen bis im Jahr 2030 ihren Wohnort in der Schweiz und ihre Wohnform so selbstbestimmt und frei wählen können wie Personen ohne gesundheitliche Beeinträchtigung. Sie sollen die-
selben Wahlmöglichkeiten haben wie Personen ohne Betreuungsbedarf. Die staatliche Unterstützung orientiert sich dabei am individuellen Bedarf einer Person. - Die Leitlinien der Alterspflegepolitik6 bilden den Kerngehalt des Handelns des Kantons Basel-Stadt im Bereich der Alters- und Langzeitpflege. Sie wurden im Jahr 2019 komplett überarbeitet und an die neuen Gegebenheiten angepasst. Die Anpassung dieser Leitlinien hatte primär zum Ziel, den bundes- und kantonsrechtlichen Auftrag in verständliche Leitsätze zu fassen.
Nebst den veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen bilden sie die gesellschaftlichen Veränderungen und Entwicklungen der letzten Jahre ab. - Mit den Leitlinien Basel 55+7 hat der Regierungsrat die übergeordnete Grundlage des Handelns des Kantons in der Alterspolitik festgelegt. Die Leitlinien Basel 55+ sind – im Gegensatz zu denLeitlinien der Alterspflegepolitik, welche sich schwerpunktmässig auf Pflege und Betreuung be- ziehen – bewusst weit gefasst, da sie die verschiedensten Aspekte des Lebens älterer Men- schen umfasst. Die Themenvielfalt reicht vom vielseitigen Unterstützungsangebot im Kanton, über Gesundheitsförderung, Wohnen im Alter, hindernisfreie altersgerechte Gestaltung des öf- fentlichen Raums und der Mobilitätsangebote, Verkehrssicherheit bis zu kommunikativen Akti- vitäten. –
- Das Konzept Behindertenhilfe8 der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft stellt den indivi- duellen Bedarf jedes Menschen mit einer Behinderung ins Zentrum und garantiert ihm den Zu- gang zu einem bedarfsgerechten Angebot an Hilfe- und Betreuungsleistungen.
Der Regierungsrat stützt sein Handeln auf die vorstehend aufgeführten Visionen und Leitlinien.
Daneben gelten das am 15. Mai 2014 für die Schweiz in Kraft getretene UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Behindertenrechtekonvention [BRK], SR 0.109) so- wie weiteren themenbezogenen rechtlichen Grundlagen des Bundes und des Kanton, wie etwa die
KV, das GesG, das Gesetz über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 18. September 2019 (Behindertenrechtegesetz [BRG], SG 140.500) sowie das Gesetz über die Behindertenhilfe vom 14. September 2016 (BHG, SG 869.700). Der Regierungsrat ist der Ansicht, dass diese Grundlagen eine ausreichende Basis bilden und keine zusätzliche «Strategie» zur Thematik erfordern.
1.4 Grundsätzliches zu den Voraussetzungen im Bereich der Alterspflege und der Be- hindertenhilfe
Die Motion zielt unter anderem darauf ab, die Leistungserbringung für pflege-, assistenz- und be- treuungsbedürftige betagte Menschen und die entsprechende Leistungserbringung für Menschen mit Behinderungen anzugleichen bzw. zu vereinheitlichen. Wie nachfolgend dargelegt, ist dies dif- ferenziert zu betrachten.
Die beiden Bevölkerungsgruppen verfügen bezüglich gesetzlicher Regelungen über relevante Ge- meinsamkeiten: Sie unterliegen denselben Bestimmungen der Bundesverfassung (Art. 112c) wie auch der Kantonsverfassung (§ 26) und der ersten Säule der sozialen Sicherung, zu welcher auch die Ergänzungsleistungen (EL) gehören. Beide Bevölkerungsgruppen geniessen auch die gleiche Versicherungsdeckung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP).
Gleichzeitig sind die bundesgesetzlichen Vorgaben teilweise unterschiedlich, was insbesondere bezüglich Finanzierung und Anspruchsberechtigung der spezifisch auf Betagte bzw. Menschen mit Behinderungen ausgerichteten Leistungen, aber auch bezüglich Qualitätsanforderungen und Per- sonalqualifikation an die jeweiligen Leistungserbringer gilt. Bei der Pflege, wie sie Art. 25a des Bun- desgesetz über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG, SR 832.10) vorsieht, steht nicht nur, aber vor allem die betagte Bevölkerung im Zentrum: Spitex-Beziehende sind im Kan- ton Basel-Stadt im Mittel 72 Jahre und Pflegeheimbewohnende 85 Jahre alt.9 Die Regelungen für Menschen mit Behinderung hingegen betreffen zumeist Menschen im IV-Alter (bis 65 Jahre), wobei oft die Gesetzgebungen für Assistenz- und Betreuungsleistungen zum Zuge kommen. Selbstver- ständlich kann es zu Überschneidungen kommen, wenn beispielsweise Pflege für Menschen mit Behinderung erbracht wird oder Menschen im AHV-Alter im Rahmen von Besitzstandsregelungen Anspruch auf Assistenz- und Betreuungsleistungen der Behindertenhilfe haben. Trotzdem ist es aber wichtig, dass die genannten Leistungen (Pflege, Betreuung, Assistenz) bezüglich Finanzie- rung und Anspruchsberechtigung klar definiert und ausreichend ausdifferenziert sind. Dies insbe- sondere deshalb, weil eine der Leistungen (Pflege) über die OKP mitfinanziert wird und somit di- rekten Einfluss auf die Entwicklung der Krankenkassenprämien hat, während dies auf die anderen beiden steuerfinanzierten Leistungen (Betreuung, Assistenz) in der Regel nicht zutrifft.
Nicht nur auf Ebene der rechtlichen Rahmenbedingungen und Finanzierungsregimes, sondern auch hinsichtlich der Bedürfnisse der betroffenen Menschen gibt es Unterschiede: Ein junger Mensch mit Behinderung hat in der Regel andere Ansprüche an ein selbstbestimmtes Leben und entsprechend andere Bedürfnisse als eine betagte pflegebedürftige Person. Entsprechend unter- scheiden sich die benötigten Pflege-, Betreuungs- und Assistenzleistungen je nach Alter und Art der gesundheitlichen Beeinträchtigung.
Des Weiteren sind die föderalistischen Massgaben unterschiedlich: Die Planung und Gesetzge- bung in der Behindertenhilfe erfolgt bikantonal mit dem Kanton Basel-Landschaft. Im Gegensatz dazu ist die Planung der Alterspflege im Kanton Basel-Landschaft zum grössten Teil nicht auf kan- tonaler Ebene, sondern auf Gemeindeebene angesiedelt. Für eine bikantonale Planung und Rege- lung der Alterspflege zusammen mit dem Kanton Basel-Landschaft wäre darum der Einbezug der 86 Gemeinden des Kantons Basel-Landschaft nötig, was realpolitisch eine grosse Herausforde- rung darstellen würde
Eine sachgerechte Zusammenführung der kantonalen Gesetzgebung für betagte und behinderte Menschen ist aufgrund der beschriebenen Rahmenbedingungen und Eigenheiten herausfordernd und äusserst anspruchsvoll.
2.2 Stellungnahmen zu den einzelnen Begehren
Zu den fünf einzelnen Begehren der Motionärinnen und Motionäre lässt sich Folgendes festhalten: –
- «Eine integrierte Versorgung regelt ausgehend von der übergeordneten Zielsetzung «ambu- lant vor stationär» die einzelnen spitalexternen Leistungen der Pflege, Betreuung und Assis- tenz sowie deren Schnittstellen.»
Der Kanton fördert bereits mit vielfältigen Massnahmen die Umsetzung des Prinzips «ambulant vor stationär» bei den Leistungen der Pflege, Betreuung und Assistenz und ermöglicht in einer sehr gut funktionierenden interdisziplinären und integrierten Zusammenarbeit der verschiedenen Leis- tungserbringer (Pflege, ärztliche Versorgung, Physio- und Ergotherapie, Sozialberatung, Wohnbe- gleitung) temporäre Pflegeheimaufenthalte in Akutsituationen, nach gesundheitlichen Krisen oder nach einem Unfall bzw. nach einer Operation (siehe Kapitel 2.1.2).
Des Weiteren ist der Kanton Basel-Stadt dafür besorgt, dass hilfe-, pflege- oder betreuungsbedürf- tige Personen die angemessenen Leistungen erhalten, beispielsweise mit den diversen unterstütz- ten Beratungsangeboten, aber auch mit der Förderung von Hilfe- und Betreuungsleistungen für tiefere Einkommensklassen (Finanzierung von hauswirtschaftlicher Spitex und Wohnen mit Ser- viceangebot im Rahmen der Krankheits- und Behinderungskosten zu den EL).
Das Schnittstellenmanagement wird unter anderem im Rahmen dieser Angebote laufend optimiert, beispielsweise durch die diversen Beratungsangebote oder auch durch die Spitalsozialdienste und die Leistungserbringer. Diese sind nahe bei den betroffenen Personen und niederschwellig zugäng- lich, aber dennoch fachlich geschult und vernetzt. Ein vom Kanton auferlegtes einheitliches Vorge- hen zum Schnittstellenmanagement ist nicht zweckdienlich und rechtlich nicht umsetzbar, weil in der Schweiz der Leistungserbringer grundsätzlich selbst gewählt werden kann («freie Arztwahl»). Die Bestimmung des Behandlungspfades obliegt der Patientin bzw. dem Patienten. Dem Kanton kommt nach dem Willen des Gesetzgebers höchstens eine beratende Funktion zu.
- Bedarfs- und fachgerechte spitalexterne Leistungen sind sowohl in der stationären wie in der ambulanten Versorgung sichergestellt und erfolgen mittels Fach- Betreuungs- oder Assistenzleistungen.»
Aus Sicht des Regierungsrates ist unklar, auf welche Leistungen sich die Motionärinnen und Moti- onäre mit dieser Forderung beziehen. Die Versorgung im Kanton Basel-Stadt mit bedarfs- und achgerechten spitalexternen Leistungen ist bereits heute gewährleistet und sichergestellt. Es gibt eine breite Angebotspalette von Hilfe-, Pflege-, Betreuungs- und Beratungsleistungen, welche vom Kanton unterstützt werden. Für weitere Ausführungen dazu sei auf den Gesundheitsversorgungs- bericht verwiesen.10 Dem Regierungsrat liegen weder von Seite der Leistungsbeziehenden noch von Seiten der Leistungserbringer Hinweise vor, dass in diesem Bereich essentielle Mängel vorlä- gen.
-«Der Kanton stellt Angebote der Angehörigenentlastung und bei Not- und Überbrückungssituationen (inkl. die Anzeige prekärer oder sich schnell verändernder Umstände) sicher.»
Auch bezüglich des hier angesprochenen Bereichs besteht bereits heute ein breites Leistungsan- gebot. Neben den finanziellen Beiträgen an die durch Angehörige erbrachte Pflege von dauernd pflegebedürftigen Personen zu Hause, die primär auf langfristige Pflegesituationen ausgelegt sind, gibt es auch Leistungen für kurzfristige und prekäre Situationen. Bei sich rasch verändernden an- spruchsvollen pflegerischen Bedürfnissen oder nach akuten Pflegesituationen, wie bspw. einem Unfall, Sturz oder einer Operation, gibt es das bereits erwähnte Angebot der so genannten Über- gangspflege im Adullam Pflegezentrum Basel. Aber auch in jedem anderen Pflegeheim können kurzfristige, so genannte Entlastungsaufenthalte erfolgen, während denen die baselstädtischen Pflegeheime mit grosser Kompetenz auf die Bedürfnisse der Personen eingehen. Zudem bestehen im Kanton auch Tagespflegeeinrichtungen, deren Dienstleistungen sehr beliebt und geeignet sind, um pflegende Angehörige zu entlasten und ihnen beispielsweise einen Urlaub oder eine sonstige längere Abwesenheit, wie z.B. einen notwendigen Spitalaufenthalt, zu ermöglichen.
Zudem stehen diverse vom Kanton unterstützte und mitfinanzierte Beratungs- und Unterstützungs- angebote zur Verfügung (u.a. Pro Senectute, GGG, Alzheimer beider Basel), wenn die Not- und Überbrückungssituationen nicht pflegerischer Natur sind. Diese richten sich explizit auch an Ange- hörige und Bekannte (z.B. Nachbarn) und werden nach aktuellem Kenntnisstand auch rege von diesen genutzt. Insbesondere die Beratung von Pro Senectute zielt dabei nicht primär auf den Be- darf bei gesundheitlichen Probleme, sondern auf die Herausforderungen bei sozialen und familiä- ren Krisen oder auch auf finanzielle Notlagen ab. Die Beratung ist kostenlos und der Zugang nie- derschwellig, persönlich oder telefonisch, und kann auf Wunsch auch anonym erfolgen. Allein im Jahr 2022 hat Pro Senectute beider Basel über 17’000 Beratungsstunden erbracht, also fast 50 Stunden pro Tag.11 Werden konkrete neue Vorschläge und Ideen von Verbänden, Politik oder Leistungserbringern vor- gebracht, bei welchen eine finanzielle Unterstützung des Kantons notwendig wäre, bestehen mit § 9 und § 10 GesG bereits heute die gesetzlichen Grundlagen, um gegebenenfalls kantonale Bei- träge zu gewähren. Neue Anträge werden jeweils nach den gängigen Prozessen und den Massga- ben des Staatsbeitragsgesetzes vom 11. Dezember 2013 (StBG, SG 610.500) geprüft und beur- teilt. Aus Sicht des Regierungsrates besteht folglich kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf.
- «Der Kanton fördert den Ressourcenerhalt, die Selbständigkeit und die Beziehungspflege der Leistungsbeziehenden.»
Die Erhaltung der Ressourcen sowie die Förderung der Selbständigkeit und Beziehungspflege ent- spricht einer Grundhaltung und Selbstverständlichkeit im Gesundheits- und Sozialwesen des Kan- tons Basel-Stadt. In dieser Hinsicht unterstützt der Regierungsrat aktuell diverse Massnahmen für Personen in Notlagen (z.B. Beratungen von Pro Senectute oder der GGG) oder präventiver Natur, wie bspw. das «Café Balance», das «Café Dialogue» oder die «Aktionstage Psychische Gesund- heit». Die systemische Beratung ist in allen Beratungsangeboten zentral, welche der Kanton im Bereich der Hilfe, Pflege und Betreuung von Betagten anbietet, sei es in der eigenen Pflegebera- tung oder dann auch in Angeboten von Pro Senectute, GGG oder Alzheimer beider Basel. Auch die aufsuchende Altersarbeit in Riehen12 und die mobile Altersarbeit des Vereins FUNDUS BA- SEL13 in den Quartieren zielt in diese Richtung. Selbstverständlich spielt auch in den Tagespfle- geinrichtungen die Angehörigenarbeit bzw. der Ressourcenerhalt von Betroffenen und Angehöri- gen eine wichtige Rolle.
Eine vollumfängliche Auflistung sämtlicher Massnahmen, die sich mit der von den Motionärinnen und Motionären angesprochenen Thematik befassen, würde weit über den Rahmen der vorliegen- den Stellungnahme hinausgehen. Eine Auswahl von spezifischen Dienstleistungen kann aber unter anderem der Broschüre des Gesundheitsdepartements «Dienstleistungen für betagte Menschen in Basel-Stadt – In guter Begleitung alt werden»14 bzw. der Broschüre «60plus» der Gemeinden Rie- hen und Bettingen15 entnommen werden.
Speziell hingewiesen werden soll zudem auf ein Schreiben des Gesundheitsdepartements vom Oktober 2023 an alle alleine wohnenden Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons von 75 Jah- ren oder älter, in dem auf verschiedene Beratungsangebote hingewiesen wurde. Unter anderem wurde in diesem Rahmen die Gratis-Telefonnummer 0800 500 400 des Vereins «Mein Ohr für Dich – einfach mal reden!» vorgestellt. Hier können alle Menschen anrufen, die einmal oder regelmässig einfach reden, erzählen, diskutieren oder auch zuhören wollen (unter der Woche von 14 bis 20 Uhr, am Wochenende von 17 bis 19 Uhr).1
- «Die neue Gesetzesgrundlage ermöglicht die Umsetzung weiterer Leistungen in der Pflege, Betreuung und Assistenz von zu Hause lebenden Personen.
Der Regierungsrat weist darauf hin, dass die Finanzierung weiterer Leistungen bereits heute auf der Grundlage der bereits bestehenden Gesetzgebung, insbesondere der §§ 9 und 10 GesG i.V.m. den §§ 3 und 4 StBG, möglich ist und es deshalb keiner neuen gesetzlichen Grundlage bedarf.
3. Fazit
Die Stellungnahme des Regierungsrates lässt sich in den folgenden Punkten zusammenfassen:
Bei den meisten in der Motion erwähnten Punkten besteht nach Ansicht des Regierungsrates bereits heute ein bedarfsgerechtes Angebot an Leistungen, dies auch nach Abwägung der da- raus resultierenden Kostenfolgen und der stets steigenden Gesundheits- und Sozialkosten ge- genüber den Bedürfnissen der Bevölkerung und unter Berücksichtigung des Aspekts der Ver- hältnismässigkeit. Der Kanton Basel-Stadt ist sowohl im Bereich der Strategie «ambulant vor stationär» als auch im Bereich der Betreuungsfinanzierung sehr fortschrittlich. Diesbezüglich verweist der Regierungsrat auch auf die Beantwortung des Anzugs (vormals Motion) Sarah Wyss und Georg Mattmüller betreffend «Gesetzliche Verankerung der Betreuung» (GNr. 21.5028), welche sich ausführlich mit dieser Thematik auseinandersetzt.
In anderen Punkten wiederum, wie der Betreuungsfinanzierung, sind auf Bundesebene neue Regelungen in Erarbeitung, welche gegebenenfalls einen starken Einfluss auf die Ausgangslage in den Kantonen haben können. Der proaktive Erlass neuer gesetzlicher Regelungen auf kantonaler Ebene ist daher vorderhand wenig zielführen, solange unklar ist, wie allfällige neue Regelungen auf Bundesebene aussehen werden.
Sowohl bezüglich der benötigten Pflege-, Betreuungs- und Assistenzleistungen wie auch hin- sichtlich der kantonal- und bundessrechtlichen Rahmenbedingungen bestehen mit Blick auf Menschen mit Behinderung und Betagte viele Gemeinsamkeiten, aber auch relevante Unter schiede. Die Gesetzgebung für die einzelnen Bereiche ist unterschiedlich, damit sie der Hete- rogenität der Bedürfnisse der betroffenen Menschen wie auch den Anforderungen der unter- schiedlichen Sozialversicherungen gerecht wird. Die Schaffung einer neuen gemeinsamen ge- setzlichen Grundlage für die Hilfe und Unterstützung für ältere Menschen und Menschen mit Behinderung ist daher wenig sinnvoll.
Vor dem Hintergrund der vorgenannten Aspekte erachtet der Regierungsrat den Erlass einer neuen gesetzlichen Grundlage zur Thematik weder als zielführend noch für im Sinne der betroffenen Men- schen. Der Regierungsrat verweist auf die bereits bestehenden Gesetzesgrundlagen, auf deren Basis ggf. schon heute weitere Massnahmen (mit-)finanziert und umgesetzt werden können, ins- besondere die §§ 9 und 10 GesG i.V.m. den §§ 3 und 4 StBG.
Da die Entwicklungen bezüglich einer gesetzlichen Regelung der Betreuung auf Bundesebene zur- zeit schwer abschätzbar sind, diese jedoch grosse Auswirkungen auf die kantonale Politik haben können, erachtet es der Regierungsrat als sinnvoll, die weiteren Entwicklungen der Diskussion auf nationaler Eben weiter zu verfolgen und dem Grossen Rat in zwei Jahren erneut über die Thematik zu berichten. Sollte der Grosse Rat dem mit vorliegendem Bericht gestellten Antrag auf Umwand- lung in einen Anzug zustimmen, würde der Regierungsrat die nächste Berichterstattung – aufgrund der grossen thematischen wie auch terminlichen Überschneidung – mit derjenigen zum stehenge- lassenen Anzug Sarah Wyss und Georg Mattmüller betreffend «Gesetzliche Verankerung der Be- treuung» zusammenführen und die beiden Vorstösse in einem gemeinsamen Schreiben an den Grossen Rat beantworten.
4. Antrag
Auf Grund dieser Stellungnahme beantragen wir, die Motion Georg Mattmüller und Konsorten be- treffend «Selbstbestimmtes Leben zu Hause – in Zukunft mit zeitgemässen und bedarfsgerechten Leistungen!» dem Regierungsrat als Anzug zu überweisen.
Im Namen des Regierungsrates des Kantons Basel Lukas Engelberger